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  Alläuer Anzeigeblatt 21.10.2015
     

Die Kraft der Barmherzigkeit

Literatur Manfred Schäfer erinnert mit der Novelle „Die Verfemte“ an Gertrud von le Fort

Die Schriftstellerin Gertrud von le Fort verfasste zahlreiche ihrer Werke in Oberstdorf, das sie sich ab 1940 zum Wohnsitz auserkoren hatte. Bis zu ihrem Tod im Jahre 1971 zählte sie zu den prominentesten Einwohnern des Ortes: Sie wurde Ehrenbürgerin, und noch heute trägt das Gymnasium der Marktgemeinde ihren Namen. 

Zu den Texten, die in Oberstdorf entstanden sind, zählt auch die Novelle „Die Verfemte“, die im Mittelpunkt eines Vortrags von Studiendirektor a. D. Manfred Schäfer stand. Als Vorsitzender der Literaturgesellschaft Gertrud von le Fort e. V. hat es dieser sich zur Aufgabe gemacht, die Werke der Autorin wieder einer breiteren Leserschaft zu erschließen.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Literatur - ein Weg auch zu sich selbst“, die durch die Katholische Gäste- und Kurseelsorge Oberstdorf ins Leben gerufen wurde, gab Schäfer im Johannisheim einen fundierten Einblick in die Erzählkunst der Dichterin, deren Persönlichkeit gleich in mehreren Figuren der Erzählung zum Vorschein kommt.

Die für Gertrud von le Fort typische Bearbeitung eines historischen Stoffs findet sich auch in der Novelle „Die Verfemte“, wobei sich die Handlungsstränge zwar auf drei unterschiedlichen Zeitebenen abspielen, zugleich aber auf geheimnisvolle Weise miteinander verwoben sind: Ereignisse während der Nordischen Kriege im 17. Jahrhundert haben noch Auswirkungen auf die Zeit der Weltkriege im 20. Jahrhundert.

Das der Erzählung vorangestellte Motto aus dem Alten Testament - aber denen, die mich lieben und meine Gebote halten, tue ich wohl bis ins tausendste Geschlecht - verdeutlicht den Grundgedanken der Novelle, dass Taten aus Mütterlichkeit und Barmherzigkeit über den Tod hinaus wirken können, selbst dann, wenn die handelnde Person wegen ihres Verhaltens in Misskredit gerät bzw. verfemt wird.

Neben der erzählerischen Qualität, durch die sich die Werke Gertrud von le Forts auszeichnen, sei es gerade die Auseinandersetzung mit solch elementaren Themen, welche die Lektüre von Texten der Schriftstellerin nach wie vor zu einem lohnenden Unterfangen mache, so Manfred Schäfer. (Rainer Stiegeler)

 
   
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