Nach dem Tod des Vaters hält sich die Ich-Erzählerin, Friederike, zusammen
mit Mutter und Schwestern in Rom auf. Als sie durch die Straßen schlendert, folgt
ihr ein älterer Mann - selbst bis in das Innere einer Kirche. Dort spricht er
sie an: „Mein Kind, verzeihen Sie dieses Benehmen! Sie gleichen einer über
alles geliebten Toten – Sie gleichen ihr in der erschütterndsten Weise. -
Angelina, ich danke dir.“ und geht. In den folgenden Tagen glaubt Friederike
immer wieder, von dem Vorfall tief ergriffen, den Unbekannten zu erblicken,
selbst noch, als sie aus Rom wieder abgereist ist. Sie scheint völlig
verwandelt. Als sie zu Hause eines Nachts in den „Gartensaal“ geht, sieht sie
ihre Mutter dort am Schreibtisch vor dem Bild des verstorbenen Vaters sitzen,
mit demselben Blick dem Vater zugewandt wie sie in der römischen Kapelle der Fremde
angesehen hat. Da fühlt sie, dass sie den Unbekannten nie wiedersehen werde, sondern
dass er der Toten gehört, welche sie für ihn dargestellt hat. Friederike
erkrankt und verbringt längere Zeit bis zur Genesung in einem Pfarrhaus, wo die
eben 18-jährige zu dichten beginnt.
Inzwischen
über 40 Jahre alt und eine ziemlich bekannte Autorin geworden, ist Friederike im
Gegensatz zu ihren Schwestern unverheiratet geblieben. Auf einer Reise nach Rom
verweilt sie einige Wochen in Arosa, um eine lungenkranke Freundin zu besuchen.
Wieder war sie in Trauerkleidung wie damals in Rom, denn die Mutter war verstorben.
In der Halle des Sanatoriums starrt sie ein Mann ständig an. Dieser, ein nicht
unbedeutender russischer Schriftsteller, dessen Werke durch die Revolution vernichtet
worden sind, lässt sie um ein Gespräch bitten. Dabei übergibt er ihr ein
Manuskript der von den Bolschewiken erschossenen Maria Paulowna mit dem Titel
„Die Opferflamme“ und gesteht: „Sie erinnern mich an die Verfasserin – Sie
gleichen ihr in ganz unbeschreiblicher Weise – ich meine, geistig gleichen sie
ihr ...“. Und er stellt die Frage: „Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod ...
Ich meine die Unsterblichkeit überhaupt – nicht nur die der menschlichen
Seele?“ Als anderntags Friederike an einem abgelegenen Ort bei Arosa das
Manuskript liest und es dann zusammen mit der Leselupe in der Sonne beiseite
legt, geht dieses in Flammen auf. Sie ist entsetzt und beklagt ihr
Missgeschick. Doch der inzwischen dazugekommene Russe weist ihre Selbstanklage,
das Manuskript zerstört zu haben, zurück: „...nein, Sie nicht. Sie vertraten
eine andere – dies ist es doch, was sie mir versprach: die Flamme, die im Tode
noch brennt!“ Friederike erkennt: „Ich glaubte zweimal, die Berufung zum Tode
empfangen zu haben; aber ich war im Grunde nur berufen, zweimal die Toten zum
Leben zu erwecken. – Ist der Beistand ihrer unsterblichen Kräfte vielleicht nur
um jenen letzten Einsatz möglich? Oder ist der Tod wirklich nur eine Form der
Liebe? Bedeutet er als solche eigentlich das neue Leben?“
zurück